Die australische Verkehrssicherheitsbehörde hat überlegt, wie der menschliche Körper gebaut sein müsste, damit er Autounfälle möglichst gut übersteht – und einen solchen Menschen geschaffen. Der Traumkörper sieht anders aus.
Autor: Gerd Stegmaier - Mit freundlicher Genehmigung der Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG.
Graham, so der Name des Unfallmenschen, ist nämlich, mit Verlaub, fürchterlich hässlich: Ein schrecklicher Wasserkopf mit eingewachsenen Ohren sitzt auf einem Körper ohne Hals mit Rippen wie implaniterte Stoßstangen.
Wie gut, dass Unfälle keinen Einfluss auf die Evolution hatten. Der Mensch hat es auch so weit gebracht. Seine geistige Entwicklung war so rasant, dass er Dinge erdacht hat, die zu schnell für ihn sein können, zu große Kräfte für ihn entwickeln und ihn umbringen können.
Die Füße sind deutlich länger. Die Forscher haben außerdem weitere Gelenke eingearbeitet, um die Verletzungsgefahr an den eigentlich recht unflexiblen Fußgelenke zu verringern.
Geschwindigkeiten, die er aus eigener Körperkraft erreichen kann, stellen kein lebensbedrohendes Problem für ihn dar, auch wenn mal was schief geht. Selbst wenn er im Vollsprint gegen ein unnachgiebiges Hindernis rennt, kann er das in der Regel überstehen. Mit 36 km/h gegen eine Mauer – klingt schauderhaft, ist der Mensch aber in der Lage zu überleben, sagt der Chef der australischen Verkehrssicherheitsbehörde TAC (Transport Accident Commission) Joe Calafiore.
Aber im Straßenverkehr sind Geschwindigkeiten und Kräfte deutlich höher. Darum sterben Menschen bei Verkehrsunfällen. In Deutschland waren es letztes Jahr 3.475.
Das vergessen die meisten aber auch, wenn sie selbst im Auto sitzen. Darum haben sich die Australier überlegt, was sie jenseits traditioneller Straßensicherheitskampagnen tun können, um unser Bewusstsein zu schärfen, dass wir mehr zur Verhinderung von Unfällen tun müssen. Heraus kam „Graham“, ein Mensch, wie er aussehen könnte, wenn die Überlebensfähigkeit in Unfällen jahrtausendelang unsere Evolution beeinflusst hätte.
Die helmartige Struktur am Kopf reicht bis zu den Schultern.
Dazu haben sie den Unfallchirurgen Christian Kenfield vom Royal Melbourne Hospital sowie den Sachverständigen für Verkehrsunfälle, David Logan von der Monash University in Melbourne, zusammengebracht. Die beiden Experten gaben der Künstlerin Patricia Piccinni Hinweise, wie das lebensgroße Modell „Graham“ aussehen sollte.
An sich mutet ein solches Vorgehen ja widersinnig an, denn der menschliche Körper entwickelt sich ja eben nicht durch Selektion in Verkehrsunfällen. Aber Graham ist jetzt Teil einer Ausstellung, die uns an unsere Verletzlichkeit erinnern soll, und das könnte funktionieren. Denn seine Deformationen wirken ähnlich heftig wie die mancher Unfallopfer, obwohl Graham ja so designt ist, dass er Unfälle überleben können soll.
Graham ist keine Schönheit: Der Kopf ist gepolstert wie ein Helm, Ohren und Nase sitzen tief, damit sie besser geschützt sind.
Die Füße sind deutlich länger. Die Forscher haben außerdem weitere Gelenke eingearbeitet, um die Verletzungsgefahr an den eigentlich recht unflexiblen Fußgelenke zu verringern.
Im flachen Gesicht sollen dicke Fettschichten Graham davor schützen, sich bei einem Aufprall Gesichtsknochen wie das Jochbein zu brechen.
Die Rippen reichen bis zum Kopf, um die Halswirbelsäule besser zu schützen, der Hals selbst fällt daher aus.
Strukturen, die an Bauscham erinnern, sitzen unter Grahams Haut und sollen wie Knautschzonen wirken.
Die helmartige Struktur am Kopf reicht bis zu den Schultern.
Grahams Knie können sich in mehr als eine Richtung bewegen - wichtig bei Fußgängerunfällen, wo die meist seitliche Belastung des Knies oft zu schlimmen Verletzungen führt.
Die durchgehenden Rippen schützen die Halswirbelsäule.
Grahams Schädel verfügt über eine Art innere Knautschzone, um das Hirn vor Verletzungen zu schützen.
Die Nase ist stark abgeflacht, um einen Bruch zu verhindern.
Zwischen den Rippen sitzen Luftsäcke - Airbags im Körper.
Die langezogenen Füße sehen schlimm aus.
Auch die zusätzlichen Gelenke am Fuß helfen bei Fußgängerunfällen: So soll Graham besser wegspringen oder ausweichen können.