Nach einer Karriere als Fußballprofi finanziell ausgesorgt haben? Das ist vor allem Männern vorbehalten. Viele Spielerinnen in der DFB-Frauennationalmannschaft hingegen kümmern sich schon parallel zu ihrer Fußballerinnen-Karriere um die berufliche Laufbahn danach.
Trainer oder Trainerin, TV-Expertin oder -Experte, Funktionärslaufbahn: Blickt man auf den Werdegang vieler Fußballprofis nach dem Ende ihrer Sportkarriere, hat man häufig den Eindruck: Irgendwas mit Medien oder Fußball sei die einzige Möglichkeit, die sich ihnen eröffnet. Dass männliche Sportler nach ihrer aktiven Zeit als Spieler nochmal eine Ausbildung absolvieren, sich fortbilden oder studieren, ist eher selten. Ganz anders sieht das im Frauenfußball aus. Dort ist es für viele Spielerinnen normal, dass sie einen zweiten Beruf erlernen – meist sogar schon während der aktiven Zeit.
Das liegt insbesondere an den unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen. Der Durchschnittsverdienst von Spielerinnen in der Frauen-Bundesliga liegt bei etwa 3500 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Bei den Männern sind es – wenn man einen groben Durchschnitt bildet – rund 125.000 Euro pro Monat. Immerhin: Auf internationaler Ebene tut sich etwas bei den Frauen. Zumindest die Prämienzahlungen gleichen sich allmählich an. Jede Nationalspielerin des DFB etwa hätte bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland im vergangenen Jahr für den Titelgewinn 252.000 Euro kassiert. Das ist zwar noch immer weniger, als die die DFB-Männernationalmannschaft in Qatar mit einem Triumph hätte verdienen können – die Rede ist hier von 400.000 Euro je Spieler. Es ist jedoch erheblich mehr als das 40-teilige Kaffee-Service, das die DFB-Spielerinnen 1989 für den Gewinn der Europameisterschaft erhielten.
Derlei Ungerechtigkeiten gehören der Vergangenheit an. Dennoch bauen viele Spielerinnen noch heute frühzeitig vor, um auch nach ihrer aktiven Zeit, gut aufgestellt zu sein. Nia Künzer etwa – sie schoss Deutschland per Golden Goal im Jahr 2003 zum WM-Titel – studierte Pädagogik und leitete nach ihrer Karriere als Spielerin ein Dezernat für Integration, Sozialbetreuung und Ehrenamt, ehe sie im Januar 2024 die erste DFB-Sportdirektorin für den Frauenfußball wurde. Künzer musste ihre Fuballlaufbahn mit 28 Jahren beenden – langwierige Verletzungen hatten sie zuvor immer wieder ausgebremst. Ein Szenario, auf das sich viele Spielerinnen vorbereiten. „Im Moment steht der Sport auf Platz eins“, sagt etwa Kathrin Hendrich, DFB-Nationalspielerin und Verteidigerin beim VfL Wolfsburg. „Aber ich mache mir Gedanken, was danach kommt. Schließlich kann die Profikarriere von jetzt auf gleich vorbei sein.“ Hendrich hat deshalb, parallel zum Fußballalltag, ein Studium der Bildungswissenschaften begonnen.
Viele Spielerinnen haben klare Perspektiven, was sie nach ihrer Sportlerinnenkarriere machen wollen. Oder auch schon währenddessen. Melanie Leupolz vom FC Chelsea hat bereits ein Studium in Wirtschaftspsychologie, Leadership und Management absolviert. Im Kader des DFB sind viele Studentinnen zu finden. Mittelfeldspielerin Lena Lattwein (VfL Wolfsburg) studiert Wirtschaftsmathematik, Sjoeke Nüsken (FC Chelsea, Mittelfeld) studiert Bauingenieurwesen und Sara Däbritz (Olympique Lyon, Mittelfeld) Wirtschaftspsychologie. Natürlich ist es nicht so einfach, beides – Fußball und Studium – miteinander zu vereinen. Dessen sind sich die Fußballprofis bewusst. „Es wird bei mir sicher doppelt so lange dauern wie bei normalen Studentinnen, aber mein Ziel steht: Ich werde es schaffen, während meiner Fußballkarriere ein abgeschlossenes Studium zu haben“, sagt etwa Däbritz.
Alexandra Popp, Stürmerin beim VfL Wolfsburg, zählt nach wie vor zu den treffsichersten Stürmerinnen des Landes. Sie hätte jedoch jederzeit auch die Möglichkeit, einem anderen Beruf nachzugehen. Denn bereits mit 20 Jahren machte sie ein Praktikum im Duisburger Zoo und war so begeistert von der dortigen Tätigkeit, dass sie anschließend eine Ausbildung zur Tierpflegerin absolvierte.
Während viele heranwachsende Männer von einer Karriere im Profisport träumen, sich ausmalen, das Hobby zum Beruf zu machen und nur noch für das Spiel zu leben, ist es im Frauenfußball manchmal sogar umgekehrt. „Für mich wäre das gar nichts, einfach nur Fußball zu spielen und danach zuhause rumzuhängen. Ich finde es wichtig, nebenbei etwas zu machen“, sagt etwa Lea Schüller, Stürmerin beim FC Bayern München, die deshalb ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens begonnen hat. Und auch Chantal Hagel vom VfL Wolfsburg hat ein klares Ziel. Sie will Lehrerin werden. Die Mittelfeldspielerin arbeitet deshalb gerade als Referendarin an einer Schule in Baden-Württemberg. Dort wird sie sicherlich auch wieder einigen jungen Interessierten begegnen, die davon träumen Fußballerin zu werden. Als Lehrerin wird es dann zu ihren Aufgaben gehören, den Schülerinnen und Schülern aufzuzeigen, wie wichtig es ist, an die Karriere nach der Karriere zu denken.